27.02.2016
Karlsruhe

Kumitekaratelehrgang mit Sensei Detlef Krüger

 

Kumite-Lehrgang – ein Fall für Bud Spencer?

Jedenfalls nicht, wenn man bei einem mehrfachen Weltmeister und erfahrenen Wettkampf-Karateka trainiert. Wer einen Kampf mit reiner Kraft gewinnen kann, muss sich nicht mit Feinheiten plagen. Für alle „normalen“ Karateka hingegen bot sich der Kumite-Lehrgang von Detlef Krüger, der auf ein weiteres Jahr den PSV Karlsruhe besuchte, als willkommene Ergänzung zum regulären Training und systematische Annäherung an das Thema Freikampf. Selbst für diejenigen, die inzwischen zur Vorbereitung bereits das Buch „Kumite Lehrgänge von Detlef Krüger“ auswendig gelernt hatten und sich nun allem Kommenden gewappnet fühlten. Aber wir sollten die Erfahrung machen, dass sich gerade bei Sensei Detlef die Theorie nicht immer reibungslos in die Praxis umsetzen lässt. Auch wenn man eine Übung mental verstanden hatte, scheiterte man an der jahrelangen Konditionierung des Körpers, der sich hartnäckig bewegte wie gewohnt und alles Neue erst einmal verweigerte…

Was der Sensei wohl auch beabsichtigt hatte. Jedenfalls erklärte er uns geduldig, dass zuerst die grundschulmäßige Technik gelernt wird, worauf die Anwendung aufbaut. Dies bildet dann die Basis, um sich mit der Taktik zu befassen. Man kann also nur taktische Elemente üben, wenn man über eine fundierte technische und Anwendungsebene verfügt, sich aber aktiv von diesen lösen kann.

Und so durften wir üben. Bei der Mittelstufe stand als Schwerpunkt die Beinarbeit beim Gegenangriff im Vordergrund. Sensei Krüger demonstrierte unterschiedliche Möglichkeiten, wie durch gezielten Einsatz des vorderen oder des hinteren Beins Distanz gewonnen und die Technik verstärkt werden kann. Die Karateka probierten fleißig aus, manch einer vergaß vor lauter Konzentration auf die Füße den Zuki. Die Zuschauer hatten ein eigenes Problem: Die Übungen laden zum Mitmachen ein, der Drang zum Ausprobieren wurde unwiderstehlich, und so konnte man beobachten, wie das individuelle Aufwärmen am Rand mehrfach durch kreative Fußbewegungen ergänzt wurde.

In der Oberstufe übten wir anhand von Jodan Zuki, Chudan Zuki und Mae Geri, den richtigen Moment zu erfassen. Klingt gemütlich. Aber beide Gegner waren gleichermaßen gefordert: der Angreifer musste teilweise bewusst den Blick abwenden, damit der Verteidiger üben konnte – Automatismus lässt grüßen, selbst bei so einer einfachen Aufgabe. Und der Verteidiger musste den Gegner beobachten und seine Schwäche ausnutzen. Abgerundet wurde das Programm in der zweiten Trainingseinheit durch eine kleine Angriffskombination mit Keri und Zuki. Wiederum gilt, „klein“ ist nicht dasselbe wie „einfach“… Und so gewannen wir immerhin mehr Respekt für die Leistungen der Kumite-Wettkämpfer, besonders was taktisches Denken unter Druck und bei schneller Geschwindigkeit betrifft.

Immerhin scheinen unsere Bemühungen nicht ganz fruchtlos gewesen zu sein: Sensei Krüger zeigte sich zufrieden mit uns und lobte, wie besonders die Mittelstufe, bei der auch viele Kinder trainierten, interessiert und aufmerksam mitgearbeitet hat. Und selbst wenn die Oberstufe mit der taktischen Stufe gekämpft hat, konnten wir die Aufgaben durch unser technisches Niveau zumindest zügig umsetzen.

Unser Cheftrainer Matteo Guerra führte die positive Resonanz des Lehrgangs nicht nur auf die bewährte Ruhe und Souveränität zurück, mit der Sensei Krüger uns die Übungen nahe brachte. „Er hat es geschafft, Unterricht nicht nur für Schwarzgurte, sondern für Karateka aller Stufen zu gestalten. Wettkampfleute und Nicht-Wettkämpfer profitieren gleichermaßen“, meinte er.

Dass der Fünfte Dan auch ausgezeichnet mit Leuten umgehen und sie motivieren kann, hat sich schon bei vielen Lehrgängen bewährt. Wir sind für seine kompetente und gelassene Art dankbar und freuen uns immer wieder, wenn er nach Karlsruhe kommt. Auch die Berichte anderer Dojos sprechen von bekannten Konzepten, es fallen immer wieder Stichworte wie „Aufbau und Struktur der Übungen gut durchdacht“ und „hervorragend vermittelt“.

In diesem Sinne kann ich Euch nichts spektakulär Neues erzählen – und Sensei Detlef kann uns nichts spektakulär Neues vermitteln. Die Kunst liegt im Selbermachen! Schließlich muss der Sensei nichts Neues machen, diese Aufgabe hat jeder einzelne Karateka vor sich, indem wir unsere bewährten Strukturen durchbrechen und dadurch besser einzusetzen lernen.

Und so sah man am Schluss überall erschöpfte aber zufriedene Gesichter. Auch und gerade für Karateka, die es nicht so mit Kumite haben, ist eine systematische Vorbereitung sehr hilfreich. Also, worauf wartet Ihr?? Spätestens im nächsten Jahr gibt es wieder Kumite-Lehrgang!

Autor

Silke Neureuther